Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

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Sven
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Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Sven » 13.12.2011 10:58

Moin!

Nachstehendes Problem habe ich in einem (nicht Eisenbahn-)Fotoforum geschildert, ich kopier den Beitrag mal hier rein, vielleicht habt ihr ja auch Meinungen dazu. ;)
Hallo zusammen,

ich habe ein (Verständnis?)Problem, was die Fokussierung, Tiefenschärfe und "maximale Schärfeebene" im Weitwinkelbereich angeht.

Mit den gängigen Tiefenschärfe-Rechnern im Netz kann man ja wunderbar ausrechnen, wie groß der Schärfebereich bei verschiedenen Brennweiten und Blenden auf der jeweiligen Chipgröße ist.
Ich hoffe, der Beispiel-Link funktioniert:
http://digicam-experts.de/schaerfentief ... rnung2=100
Demnach soll auf dem APS-C Sensor bei 20mm Brennweite mit Blende 5,6 zwischen 3,94m und unendlich alles scharf sein und in 100m Entfernung noch Details von 1,8mm (!!!) aufgelöst werden. Alles schön und gut, aber irgendwie funktioniert das in der Praxis nicht.

Ich habe bei meinen vorhandenen Weitwinkelobjektiven (17-40 u. 24-105) irgendwie den Eindruck, dass es eine (sehr nahe) maximale Schärfeebene gibt und alles, was dahinter (sprich weiter von mir weg) ist, ist nur noch durch Abblenden schärfer zu kriegen.
Meine Beobachtungen sehen so aus, dass dieser "maximale Schärfepunkt" beim 17-40 irgendwo bei vllt. 10m liegt, beim 24-105 in den Bereichen unter 40mm bei vll. 10-20m. Das habe ich schon mehrfach mit LiveView und zehnfach-Lupe bei manuellem Fokus nachvollziehen können. Ist das normal? Hab ich irgendwelche Grundlagen noch nicht verstanden/ gehört?
Eigentlich bin ich der Meinung, dass es auch im Weitwinkel möglich sein sollte, den Schärfepunkt irgendwo weiter in die Tiefe zu legen.

Konkretes Problem ist bei mir, dass ich meist irgendwo in der Landschaft stehe und dort fahrende Züge fotografiere. Die sind - je nach Motiv - meist deutlich weiter als die oben erwähnten 10-20m entfernt. Da auch bei schlechtem Wetter kurze Belichtungszeiten benötigt werden, versuche ich natürlich mit dem Abblenden zu geizen.

Beispielbild (Objektiv müsste das 24-105 gewesen sein)
Bild
Exif-Auszug:
Linse F-Nummer/F-Stop = 5/1 ===> ƒ/5
ISO Empfindlichkeit = 200
Verschlusszeit (Belichtungszeit) = 1/1000 Sekunde
Blende = ƒ/5
tatsächliche Brennweite = 35/1 mm ===> 35 mm

Das sieht jetzt nicht so schlecht aus, aber wenn man es in größerer Auflösung anschaut, sieht man, dass vorn auf dem Acker irgendwas scharf ist und in die Tiefe wirds weniger.

Würde mich freuen, wenn mir da jemand auf die Sprünge helfen könnte.

Grüße
Sven
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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Henning » 13.12.2011 16:40

Hallo Sven,
ich habe dies auch schon häufiger beobachtet. Es liegt wohl sicher an den Toleranzen, die in den optischen Bereichen, in denen man sich dort bewegt, ausschlaggebend sind. Ich verlasse mich nicht hundertprozentig auf die Angaben aus der Schärfentiefentabelle, die unter Laborbedingungen ermittelt wurde. Hier muß man sicher jedes Objektiv und jede Kamera einzeln "erforschen". Gerade beim 24-105 L habe ich schon selbst die Erfahrung machen müssen, dass es da Probleme gibt. Auch das 17-40 L ist nicht unbedingt ein Kracherobjektiv, was die Schärfe angeht - auch wenn es schon besser ist wie manches andere Weitwinkelobjektiv.
Dies ist aber nur meine bescheidene Meinung und meine Erfahrung!
Gruß
Henning

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Andreas Goltz
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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Andreas Goltz » 18.12.2011 18:16

Hallo Sven,

ich nehme an, Du meinst mit dem maximalen Schärfepunkt die Hyperfokalentfernung.

Mit der Schärfentiefe (so kenne ich den Begriff) ist das so ein Problem. Beim Kleinbild oder dem üblichen 10 x 15 cm Abzug sind die Unschärfen seltener aufgefallen, als es z.B. bei einem 18 MP Bild auf dem Computer der Fall ist. Objektiveigenschaften spielen eine Rolle. Aber viel wichtiger ist die Betrachtungsentfernung. Große Bilder sehen wir aus größerer Entfernung an, kleine Bilder aus kürzerer. Wir versuchen das Bild immer in unser Sehfeld einzupassen.

Grundsätzlich halte ich aber die Schärfentiefe für eine Illusion. Rein von den optischen Gesetzen her betrachtet, gibt es nur eine(!) Schärfeebene. Alles was davor oder dahinter liegt ist unscharf. Wir akzeptieren es zwar als scharf, aber irgendwie ist es doch immer unbefriedigend. Ich habe an allen meinen Objektiven Schärfetiefenskalen und viel herumexperimentiert. Je kleiner die Details, um so eher fällt die Abweichung von der tatsächlich erzielbaren Schärfe auf. Ich denke, dies sind Deine Erfahrungen. Es ist eben falsch, daß "mit Blende 5,6 zwischen 3,94m und unendlich alles scharf sein" soll.

Gerade bei den von Dir geschilderten Entfernungen macht sich dies sofort darin bemerkbar, ob die Loknummer noch lesbar ist. Um bei Deinem gezeigten Bild zu bleiben: Warum das Feld im Vordergrund scharf abbilden, wenn es doch um den Zug im Hintergrund geht?

Wo kommt die Info her, daß der APS-C-Sensor noch bis 100 m Details bis zu 1,8 mm aufnehmen kann? Das hängt doch von den Objektiven an der Kamera ab. Mit einem Weitwinkel halte ich diesen Wert für unerreichbar. Ein 800er Teleobjektiv dürfte es schaffen.

Wichtig ist auch, daß im Allgemeinen die Objektive Ihre maximale Kontrastauflösung etwa 2 Blenden kleiner der Öffnungsblende erreichen.

Meine Empfehlung: Vergeude Deine Zeit nicht mit dieser rein akademischen Thematik. An den optischen Gesetzen kommst Du nicht vorbei. Stelle auf den Punkt scharf, auf den es Dir ankommt und fotografiere gezielt mit Unschärfeverlaufen. Oder Variante 2: Mehrere Fotos mit verschiedenen Schärfeebenen aufnehmen und am Rechner die Bilder zusammengefügt.:wink:


Grüße
Andreas
Wegen Zeitknappheit verlagert sich meine Eisenbahnfotografie mehr in Richtung der Bahnsteige. Ich bitte um Nachsicht. :)

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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Sven » 18.12.2011 21:30

Hallo Andreas,

danke für deine ausführliche Antwort.
Irgendwie schaff ich es anscheinend nicht, das Problem verständlich rüberzubringen, sorry. :(
Andreas Goltz hat geschrieben:Warum das Feld im Vordergrund scharf abbilden, wenn es doch um den Zug im Hintergrund geht?
...
Stelle auf den Punkt scharf, auf den es Dir ankommt und fotografiere gezielt mit Unschärfeverlaufen.
Genau das würde ich ja gern machen, aber im WW-Bereich geht´s nicht. :(
Ich komm beim Fokussieren bis zu einem bestimmten Punkt in die Tiefen und wenn ich am Fokusring weiterdrehe, wird es wieder unschärfer. Keine Ahnung, wie ich es noch beschreiben soll. :gruebel: :nixweiss:
Es gibt eine maximale Schärfeebende, die bei vllt. 10-20m liegt und dahinter wird´s wieder unscharf. Weiter in die Tiefe komme ich nicht. :nixweiss: :gruebel:

Grüße
Sven
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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von John Henry » 18.12.2011 22:12

Also ich verstehe es so: Du kannst nicht jede beliebige Schärfeebene (besonders keine weit entfernte) jenseits der Naheinstellgrenze scharf fokussieren. Meinst Du das? Gruß jhd
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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Sven » 19.12.2011 06:44

John Henry hat geschrieben:Also ich verstehe es so: Du kannst nicht jede beliebige Schärfeebene (besonders keine weit entfernte) jenseits der Naheinstellgrenze scharf fokussieren. Meinst Du das? Gruß jhd
Genau. :)
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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Andreas Goltz » 19.12.2011 10:51

Jetzt habe ich es geschnallt, was Du meinst.


Würde das nicht für eine Fehljustierung der Objektive sprechen? Wie sieht das Problem aus, wenn Du die Objektive an einem anderen Kameragehäuse ausprobierst?
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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Sven » 19.12.2011 15:13

Andreas Goltz hat geschrieben:Würde das nicht für eine Fehljustierung der Objektive sprechen?
Tja, das wüsste ich eben gerne. :gruebel:
Wie sieht das denn bei euch aus? Ist es bei euren Weitwinkelobjektiven anders? :gruebel:

Das 17-40 hatte ich irgendwann schonmal zur Überprüfung beim Canon-Service, lt. dessen Aussage ist es in Ordnung.
Von diesem Problem abgesehen passt die Linse ja auch.
Das 24-105 ist eigentlich auch i.O., mich irritiert nur dieses Phänomen im WW-Bereich.
Andererseits kommt z.B. beim 17-40 auf der Fokusskala ja nach der "1m"-Angabe schon der Unendlich-Bereich. Daher weiß ich eben nicht, ob das so normal ist. Mir fehlt der Vergleich zu einem anderen Objektiv.
Wie sieht das Problem aus, wenn Du die Objektive an einem anderen Kameragehäuse ausprobierst?
Also ich habe beide Linsen mittlerweile schon am dritten Gehäuse im Einsatz und es war überall gleich. Über Weihnachten kann ich sie wahrscheinlich noch an zwei Kameras eines Freundes ausprobieren. Ich denke aber, da wird es keine Unterschiede geben.

Grüße
Sven
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Re: Maximale Schärfeebene von Objektiven im Weitwinkelbereich

Beitrag von Andreas Goltz » 19.12.2011 21:03

Hallo Sven,

bei meinem 24er Nikkor beginnt Unendlich gleich nach der 2 Meter Markierung.

Wie verhält sich den der AF, wenn Du zunächst im WW auf einen Punkt fokussierst und anschließend im maximalen Zoom nochmals mit AF fokussierst? Steuert der AF nach? Wenn Du zunächst mit Brennweite 40 mm fokussierst und anschließend auf WW zurückdrehst - sind die Bilder dann schärfer als nur im WW fokussiert (Blende konstant)?

Spontan würde ich auch mal die zum Rand hin abfallende Schärfe bei den verschiedenen Blenden untersuchen. Bei offener Blende und außermittig platzierten Motiv wirkt sich diese mit Sicherheit auch aus.


Grüße
Andreas
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