Tiefster Winter und Vorfrühling - ein Wochenende an der RhB

Die Eisenbahn außerhalb der angestammten Jagdgebiete
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Jens Naber
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Tiefster Winter und Vorfrühling - ein Wochenende an der RhB

Beitrag von Jens Naber » 24.05.2014 10:05

Hallo zusammen!

Da hinter die schriftlichen Abschlussprüfungen meiner Ausbildung nun ein dicker Haken gesetzt werden kann und bis zu den mündlichen Prüfungen noch einiges an Zeit ist, habe ich jetzt endlich mal Luft, einen Bericht über ein Wochenende im März an der RhB zu tippen.

Das zweite Märzwochenende sollte nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz viel Sonnenschein bieten und da wir schon länger mal der RhB einen Besuch abstatten wollten, bot sich das an - immer nur Frankreich als Ausland ist ja auch langweilig. :mrgreen:

Am Freitag, den 07. März 2014 habe ich daher etwas früher Feierabend gemacht, habe daheim schnell den Rucksack gegen einen Koffer ausgetauscht und stand 90 Minuten später am Bahnhof bereit, um auf die abendliche RB 38861 gen Karlsruhe zu warten.

Die vorgespannte 111 hatte, aus Ludwigshafen kommend, schon einige Minuten Verspätung gesammelt und baute dies dann auch bis Karlsruhe erwartungsgemäß kontinuierlich aus, sodass wir etwas über 10 Minuten nach der Planankunft in den Hauptbahnhof einfuhren. Mir war das insofern recht, dass sich meine Wartezeit auf den ICE 373 gen Schweiz auf 15 Minuten verkürzte.
Kurz nach 18 Uhr ging es dann weiter Richtung Basel, der ICE 1 war mehr als gut gefüllt, weshalb ich froh war, dass ich mir im Voraus eine Sitzplatzreservierung zugelegt hatte – mit sowas hatte ich Freitagabends nämlich schon gerechnet.

In flotter Fahrt ging es in der untergehenden Sonne gen Süden, bis wir gegen 20:00 Uhr in Basel SBB einliefen, wo ich auf einen Schweizer Doppelstock-IC umsteigen musste, der mich non-Stop bis Zürich brachte. Leider ging es dort dann mit einem vollgestopften Regio weiter nach Chur, die Fahrt durch die Nacht hat sich da dann echt gezogen, da ich 90 Minuten auf einem unbequemen Klappsitz ausharren musste. Zum Einsatz kam ein Doppelstock-Flirt, naja, gibt schlimmere und bessere Fahrzeuge. In Chur wartete jedenfalls bereits das Empfangskomitee und nach guten 45 Minuten Autofahrt erreichten wir dann auch kurz vor Mitternacht unser Hotel in Filisur.

Wir waren ziemlich erledigt und fielen entsprechend schnell ins Bett.

Den Samstag wollten wir im Engadin verbringen, wo das erste Bild gegen 08:45 Uhr auf der Liste stand. Bei Bever standen wir rechtzeitig bereit, als Ge 4/4 III 654 mit dem RE 1117 von Chur nach St. Moritz vor unsere Linsen fuhr:

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Die Stunde bis zum nächsten Zug aus Chur nutzten wir für einen blitzschnellen Wechsel nach Punt Muragl, um dort den R 1628 aus Poschiavo mitzunehmen, der seinem Zielbahnhof St. Moritz schon ziemlich nahe gekommen ist. Zuglok ist Ge 4/4 II 626:

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So schnell wie wir nach Punt Muragl eilten, so schnell fuhren wir nun wieder zurück nach Bever, um dort den nächsten Regio aus Chur zu schaffen. Der Plan ging auch gut auf, Ge 4/4 III 1121 war mit dem RE 1121 beschäftigt, langsam wurden die Züge aus Chur länger:

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In der Gegend von Bever gefiel es uns, sodass wir den RE 1125 eine Stunde später ganz in der Nähe erwarteten, für die Traktion sorgte an diesem Zug Ge 4/4 III 645:

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Rund eine halbe Stunde später wurde es für den Bernina-Express Zeit. Wir dachten uns die wildesten Bespannungen aus, da wir nicht wussten, mit was der Zug gefahren wird, letztendlich bekamen wir aber alle ein langes Gesicht, ausgerechnet ein Allegra war für diesen Zug eingeteilt – Abe 8/12 3506 mit GEX 955 von Chur nach Tirano:

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Wir fuhren dann eher etwas planlos gen Bernina-Pass und suchten einfach mal nach einer passenden Stelle. Fündig wurden wir bei Bernina Lagalb, wo wir den nächsten Regio abwarten wollten. Wir dachten eigentlich, dass da wohl der nächste Allegra kommt, wurden dann aber doch positiv überrascht, als zwei ABe 4/4 III als R 1629 von St. Moritz nach Poschiavo auftauchten:

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Wir fanden gefallen an der Strecke und außerdem wurde die Gier geweckt, es hätte ja der nächste Zug auch nochmal aus ABe 4/4 III bestehen können. Aber Gier tut ja bekanntlich selten gut und mit dem Allegra ABe 8/12 3514 als R 1633 wurden wir bei Surovas auch wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geholt:

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Nun sollte es dann aber doch wieder zurück an die Strecke Chur – St. Moritz gehen, um sich dort wieder den lokbespannten Zügen widmen zu können. Zwischendurch nahmen wir noch einen Steuerwagen mit, den ich aber nicht so sehenswert finde, weshalb ich gleich mit Ge 4/4 III 650 am RE 1148 nach Chur weitermache – leider kaum erkennbar, dass am Zugschluss ein paar Güterwagen angehängt waren:

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Ganz oben auf der Liste standen auch die zahlreichen Motivmöglichkeiten rund um Celerina, was nun im Anschluss auf dem Plan stand. Dort gefiel es uns dann auch so gut, dass wir gleich knapp zwei Stunden dort blieben und verschiedene Varianten ausprobierten.

Los ging es mit der 654 am RE 1141 nach St. Moritz:

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Nach einem Regio gen Chur, erfreute uns im Anschluss Ge 4/4 II 617 am RE von Landquart nach St. Moritz:


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Nach zwei weiteren kurzen Regios gönnten wir uns noch den RE 1156 von St. Moritz nach Chur, den die 654 langsam aus dem Bahnhof beschleunigte:

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Auf dem Rückweg legten wir noch einen kurzen Stop bei Samedan ein, wo noch der RE 1949 ging, wenn auch nur Steuerwagen voraus:

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Danach ging es dann aber endgültig zurück ins Hotel und im Anschluss zum Abendessen. Am nächsten Tag gab es, wie der Titel ja schon ein Stück weit verrät, den totalen Kontrast zum schneereichen Engadin, aber davon erzählt dann der zweite Teil, der in wenigen Tagen folgen wird :-)

Hoffe, es hat bis dahin gefallen!

Viele Grüße, Jens :wink:

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Re: Tiefster Winter und Vorfrühling - ein Wochenende an der

Beitrag von Sven » 25.05.2014 09:17

Hallo Jens,

wunderbarer Bilderbogen, wie man ihn von dir gewohnt ist, herrlich! :yup:
Bin gespannt auf den zweiten Teil!

Grüße und schönen Sonntag rundum
Sven :kaffee:
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Re: Tiefster Winter und Vorfrühling - ein Wochenende an der

Beitrag von Jens Naber » 28.05.2014 20:53

Hallo zusammen!

Danke Sven! :wink:

Wie angekündigt, folgt nun Teil 2, der sich mit dem Sonntag beschäftigt, den wir an der Vorderrheinbahn verbringen wollten.

Waren wir am Vortag noch bei zweistelligen Minustemperaturen im Engadin unterwegs, sollte dieser Tag zweistellige Plustemperaturen bieten, tatsächlich kletterte das Thermometer auf 20 Grad – ein Temperaturunterschied zum Vortag von rund 30 Grad.

Wir starteten morgens bei Bonaduz, der lokbespannte RE nach St. Moritz fuhr leider fünf Minuten zu früh, aber bis zur S-Bahn hatte die Sonne dann das Motiv vollständig ausgeleuchtet, da machte auch der Allegra eine gute Figur:

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10 Minuten später kam der Allegra in die Gegenrichtung, den wir auch noch mitnahmen:

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Wir wollten nun an die Strecke in Richtung Disentis, um die lokbespannten Züge, die dort normalerweise mit Ge 4/4 II bespannt werden und ohne Steuerwagen unterwegs sind, zu fotografieren. Wir hatten schon so eine Vorahnung, dass die Sache aufgrund des zeitgleich stattfindenden Engadiner Skimarathon etwas durcheinander geraten könnte, aber bei Castrisch tauchte der RE 1233 zunächst mal mit einer typischen „Disentis“-Garnitur auf:

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Doch schon fünf Minuten später ging es los, zu unserer großen Freude wurde der RE 1216 nach Disentis mit einem alten Sechsachser gefahren, die normalerweise nur noch im Güterverkehr eingesetzt werden. Ge 6/6 II 704 fuhr mit ihren sieben Wagen vor unsere Linsen:

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Exakt eine Stunde später folgte dann allerdings die erste Ernüchterung des Tages, denn anstelle einer weiteren lokbespannten Garnitur, wurde ein Allegra in den Disentis-Plan gedreht, der an diesem Tag mit ein paar weiteren Wagen den RE 1220 bildete, die Aufnahme entstand kurz vor dem Bahnhof von Castrisch:

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In Castrisch finden planmäßig Zugkreuzungen statt, was bei der RhB äußerst schnell abgewickelt wird. Uns blieben somit nur zwei Minuten für einen blitzschnellen Stellenwechsel, um für den mit Ge 4/4 II 621 bespannten RE 1237 an der nächsten Stelle bereit zu stehen:

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Wir hatten uns nun schon ausgerechnet, dass die Ge 6/6 eine Stunde später wieder aus Disentis zurückkommen wird, weshalb wir den Gegenzug vernachlässigten und uns stattdessen auf den Sechsachser konzentrierten, der auch tatsächlich den RE 1241 bespannte:

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Eine halbe Stunde später wurde es dann für den Glacier-Express Zeit, den wir auch noch bei Castrisch abwarten wollten. Auch hier wurde wieder wild spekuliert, welche Baureihe wohl für die Traktion sorgen wird, doch mit einem weiteren Sechsachser hatte keiner gerechnet. Ge 6/6 II 705 bespannte den GEX 903 nach Disentis:

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Ein weiteres Motiv bei Castrisch hatten wir ebenfalls noch auf dem Zettel, aber leider wurde es jetzt etwas ätzend, da aufgrund des Skimarathons nun weniger schöne Garnituren auf die Strecke kamen. Zwei Steuerwagen in Folge ließen die Laune ziemlich sinken, zumindest einen zeige ich trotzdem mal, der Zug war der RE 1228 nach Disentis:

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Den restlichen Tag Steuerwagen fotografieren war dann doch nicht so unser Ding, weshalb wir nach Reichenau-Tamins wechselten, wo die Strecke nach St. Moritz von der Strecke nach Disentis abzweigt, sodass man nun auch wieder die langen Züge nach St. Moritz hatte. Wohl nicht gerade die schönste Werbelok der RhB ist Ge 4/4 III 649, die den RE 1145 aus Reichenau beschleunigte:

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Nun war ein höchst eiliger Wechsel an die Vorderrheinbrücke angesagt, da sich aus Richtung Disentis wieder der Glacier-Express ankündigte und der hatte schließlich einen Sechsachser dran, den wollten wir unbedingt haben! Letztendlich hätten wir uns gar nicht so beeilen müssen, da Ge 6/6 705 am GEX 905 doch eine Weile auf sich warten ließ:

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Nachmittags kann man die lange Gerade bei Bonaduz, die wir bereits morgens aufgesucht hatten, von der anderen Seite umsetzen und dabei einige Varianten ausprobieren. Zunächst mit einer S-Bahn, welche nun verstärkt mit den alten Be 4/4 gefahren wurden, ganz zu unserer Freude:

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Im Winter wird der Glacier-Express nach St. Moritz an den planmäßigen Regio angehängt, weshalb nun ein wirklich mächtiger Zug entsteht, der die lange Gerade vollkommen ausfüllt. Ge 4/4 III 642 beschleunigt 14 (!) Wagen als RE 1153 bei Bonaduz bergwärts:

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Im Anschluss gab es nochmal eine S-Bahn, dieses Mal vierteilig, aber erfreulicherweise wieder mit einem Be 4/4:

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Wir wollten nun die Vorderrheinbrücke nochmal seitlich umsetzen, wofür sich nun auch wieder die Züge aus Disentis anboten – selbst, wenn es eine Steuerwagengarnitur sein sollte, hing die Lok hier auf der richtigen Seite. Der RE 1261 wurde mit einer Ge 4/4 II bespannt, die wir einstimmig zur hässlichsten Werbelok der RhB kürten, aber sowas ist ja bekanntlich Geschmackssache:

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Nach einem ziemlich unmotivierten Allegra-Bild bei Thusis, auf das hier getrost verzichtet werden kann, standen wir zum Abschluss nochmal bei Reichenau-Tamins bereit, denn nach unseren Berechnungen sollte die 704 wieder aus Scuol-Tarasp zurückkehren. Die Berechnungen gingen tatsächlich auf und so konnte nochmal ein Bild von Ge 6/6 II 704 am RE 1248 entstehen:

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Wir waren dann endgültig zufrieden und für mich rückte auch die Abfahrtszeit meines Zuges gen Heimat näher, weshalb ich noch nach Chur chauffiert wurde und dort in einen Doppelstock-IC nach Basel stieg. Wir hatten auf dieser Fahrt nicht mal 5 Minuten Verspätung, was den Schaffner allerdings dazu bewog, sich mehrmals für die Verzögerungen zu entschuldigen und zu garantieren, dass trotzdem alle Anschlüsse erreicht werden. Da wird in Deutschland bei 5 Minuten weniger Theater gemacht...

Ab Basel SBB sollte es für mich mit dem IC 60459 weitergehen, dessen zwei Wagen am CNL 459/CNL 1259 nach Prag / Berlin hängen. Meine Übergangszeit in Karlsruhe beunruhigte mich schon vorher etwas, schließlich betrug sie nur 7 Minuten und meine Motivation, bis 0:15 Uhr auf die nächste RB zu warten, hielt sich stark in Grenzen, schließlich musste ich am nächsten Morgen wieder früh raus.

Es fing eigentlich auch gut an, die CNL-Garnituren kamen pünktlich aus Zürich an und auch das Anhängen der beiden IR-Wagen für den IC ging problemlos. So stand also pünktlich um 21:13 Uhr eine 101 mit 14 Wagen für die Abfahrt gen Norden bereit, ein wirklich beeindruckender Zug, bei dem es sehr schade ist, dass er ausschließlich bei Dunkelheit verkehrt.

Leider hatten wir uns 10 Minuten später immer noch nicht von der Stelle bewegt. Um 21:25 Uhr setzte sich die Wagenschlange dann tatsächlich in Bewegung, in Basel Badischer Bahnhof waren es bereits 13 Minuten Verspätung. Ich wusste zwar, dass man durch den Katzenbergtunnel ein paar Minuten gut machen kann, aber 13 Minuten Verspätung mit einem 14-Wagenzug aufholen? Das erschien mir doch etwas zu ambitioniert. Auch der Schaffner beruhigte mich wenig, er „melde den Anschluss mal vor, kann aber für nichts garantieren“.

Doch ich hatte wohl einen mehr als fähigen Lokführer erwischt! In Freiburg waren es noch 8 Minuten Verspätung, in Offenburg waren wir bei + 6 und Karlsruhe erreichten wir tatsächlich nur noch 5 Minuten nach Plan – klasse!

Ein kurzer Spurt und ich saß im 425 Richtung Mannheim, der auch pünktlich um 23:09 Uhr den Hauptbahnhof verließ, man hätte also tatsächlich nicht gewartet, ohne Sprint wäre er weg gewesen. Bis Graben-Neudorf ging es zügig voran, doch da war es dann wieder vorbei. Eine Signalstörung bescherte uns dort einen fast 30-minütigen Aufenthalt, tolle Sache, wenn man hundemüde ist und am nächsten Tag um 06:15 Uhr der Wecker klingelt. Letztendlich daheim war ich dann gegen 0:30 Uhr und verbrachte den darauffolgenden Tag wohl eher im Halbschlaf – aber das hat sich im Nachhinein schon gelohnt.

Vielleicht hat ja jemand bis zum Ende durchgehalten, ich hoffe jedenfalls, dass ich dieses gelungene Wochenende etwas näher bringen konnte und das ein oder andere Bild gefallen hat.

Wünsche morgen 'nen schönen Feiertag!

Viele Grüße, Jens :wink:

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Andreas Hackenjos
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Re: Tiefster Winter und Vorfrühling - ein Wochenende an der

Beitrag von Andreas Hackenjos » 01.06.2014 17:11

Hallo,

schöner Beitrag, kommt mir sehr bekannt vor :wink: :yup:

Grüße Andreas
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Stinkt und macht en hufe Krach, 218 des isch halt ne Sach

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