Trommeln & Erdbeben / Lettlands Dieselgewitter

Die Eisenbahn außerhalb der angestammten Jagdgebiete
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John Henry
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Re: Trommeln & Erdbeben / Lettlands Dieselgewitter

Beitrag von John Henry » 01.10.2016 16:16

Wieder ein sehr gelungener Beitrag. Macht Spaß, diese "andere" Welt zu betrachten. Gruß jhd
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Re: Trommeln & Erdbeben / Lettlands Dieselgewitter

Beitrag von Bahnfreund » 02.10.2016 09:39

Wieder ein sehr gelungener Beitrag aus einem fernen Lande, in dem die Zeit und das Leben nicht so hektisch ist wie bei uns. :yup:
MfG aus dem Südharz, Falk :wink:

Experte ist nur der, der vorher weiß, was hinterher falsch ist :idea:

Und wir wissen heute, das wir das was wir heute nicht fotografieren vielleicht schon morgen nicht mehr fotografieren können. :gruebel:

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Re: Trommeln & Erdbeben / Lettlands Dieselgewitter

Beitrag von Lok-Kutscher-HSR » 10.12.2016 03:06

Guten Morjähn :kaffee:

kleiner Muntermacher aus dem Jahre 2014 gefällig?

Bitteschön :yup:

2ТЭ10У - 0189 Einfahrt Daugavpils
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2ТЭ10У - 0215 ebenfalls Einfahrt Daugavpils Rangierbahnhof
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Schönes Wochenende
:bier:

Christoph
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Re: Trommeln & Erdbeben / Lettlands Dieselgewitter

Beitrag von Lok-Kutscher-HSR » 23.09.2018 04:38

Hallo zusammen,


vom 20.08.18 bis 30.08.18 verweilte ich nach einer einjährigen Pause wieder in Lettland um Trommeln, Erdbeben und Steppenwölfe mit allen Sinnen zu erleben.

Los ging es mit dem sehr entspannten Abendflug von Lufthansa von Frankfurt nach Riga am 20.08.18.
Nach einer kurzen Nacht in einem 4 Bett Zimmer nur für mich allein am großen Markt direkt am Hauptbahnhof von Riga, ging es dann Dienstagmorgen
mit dem ersten Zug nach Ludza. Knapp 4h original DR1A Triebwagen fahren waren angesagt! Genial!....

Wie dann alles begann, hatte ich hier schon gezeigt ;-)

->Ankunft in Ludza


Mehr Glück kann man nicht haben, dass man gleich bei der Ankunft auf das Objekt der Begierde trifft! Weil es so schön war, anbei hier nochmal ein Bild.

2ТЭ116У
-0315 in Ludza
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Nach dem Bild ging es dann zum gebuchten Hotel zum Check-in. Nachdem das alles erledigt war machte ich mich etwas frisch und besichtigte erstmal
diese wirklich wunderschöne kleine Stadt. Der Kirchberg mit der Klosterruine kann ich als Ausflugsziel nur empfehlen!...

Am Nachmittag ging es dann wieder an die Strecke um mir erstmal ein Bild von der Lage zu machen.
Die Strecke Rezekne II - Zilupe
ist eingleisig und es fahren ausschließlich RZD 2ТЭ116. Der Verkehr dort von und nach Russland ist sehr mau!
Zugpausen von bis zu vier Stunden und mehr sind keine Seltenheit, weswegen ich auch am Freitag den 24.08. nach Sakstagals fuhr,
um etwas mehr Verkehr zu erleben....Mehr dazu dann im zweiten Teil.

Ein weiteres "Problem" einer Ost-West Strecke ist, dass meistens alles zur falschen Zeit aus der falschen Richtung kommt! Erwartet daher bitte keine >Sonne im Rücken< Bilder! ;-)

Nach zweistündiger Warterei dann endlich ein Zug Richtung Rezekne II.

2ТЭ116-1547 in Ludza, 21.08.18
Bild
Das war Tag 1. Es ging nochmal eine kleine Runde durch die Stadt zum Proviant einkaufen für den nächsten Tag.
Im Hotel hab ich dann den Tag mit einem kühlen Bier ausklingen lassen....

Der nächste Tag fing dann ganz entspannt an. Hatte ich doch das Privileg, dass mir ein VK Kontakt, die Züge die so kommen sollten, vormeldete,
wenn diese in Zilupe, oder Rezekne II abfahrbereit waren! Danke an dieser Stelle!
In aller Ruhe begab ich mich auf Motivsuche rings um Ludza. An einer kleiner Brücke am Ortsrand wurde ich dann auch fündig.

2ТЭ116-491 bei Ludza, 22.08.18
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Weiter ging es entlang der Strecke. Ich musste höllisch aufpassen, denn fast überall stand Riesenbärenklau!....
Der Gegenzug in Richtung Ludza ließ auch nicht lange auf sich warten. Prima! Keine zwei Tage hier und schon alle Formvarianten der
2ТЭ116 Familie gesehen!
Hier eine der letzten Serie mit elektrischer Widerstandsbremse.

2ТЭ116-1735 am Km 247 bei Ludza, 22.08.18
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Da das Licht immer weiter rum wanderte und aus der anderen Richtung keine Züge zu erwarten waren, ging es zur östlichen Bahnhofsausfahrt von Ludza.
Stand ja noch der zweit und zugleich letzte Personenzug von Zilupe nach Riga auf dem Programm. Motorwagen vorraus, bestes Licht mit klassischen lettischen Motiv.
Herz, was willst du mehr!?

DR1A-227.3 in Ludza, 22.08.18
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Im Bahnhof stand dann auch ein Güterzug Richtung Russland in der Kreuzung. Die Ausfahrt war dann freilich ein Ohrenschmaus vom feinsten! Leider hatte ich keine Zeit meine kleine Videokamera
aufzubauen für eine Tonaufnahme. Was bleibt ist das Erlebnis, wenn 2X 5D49 Ihren Zug in Bewegung setzen.......


2ТЭ116-1013 in Ludza, 22.08.18
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Mein Kontakt meldete mir dann noch zwei Züge vor, die in Ludza kreuzen sollten. So war es dann auch.... Ich wanderte etwas die Strecke entlang und dann kam auch schon nach gut 45 Minuten
der erste Zug aus Richtung Zilupe angerollt.

2ТЭ116-1220 bei Ludza, 22.08.18
Bild

Auch der Gegenzug stand bereits in der Kreuzung und verlies dann lautstark den Bahnhof, um in Richtung russische Grenze zu fahren.


2ТЭ116-1554 bei Ludza, 22.08.18
Bild

Das war Tag 2. Weitere Züge sollten bis zur Dunkelheit nicht kommen. So ging es wieder ins Hotel, wo sich auch ein kleines Restaurant drinne befindet.
Die mit Käse gefüllten Bremssohlen (Frikadelle) mit Pommes, reichlich frischen Salat und Salzgurken waren vorzüglich!....

Am nächsten Tag ging es dann sehr früh raus! Es stand doch einiges auf dem Programm.
So ging es ohne Kaffee und Frühstück noch vor Sonnenaufgang zum Schnellzug Moskau-Riga. Und dieser war wirklich schnell unterwegs!
Da kam selbst meine Canon 5D II an Ihre Grenzen.....

ТЭП70-0203 mit D 1RJ in Ludza, 23.08.18
Bild

Nach dem Frühstück im Hotel ging es dann zum Busbahnhof. Da der erste Zug nach Rezekne bereits um 04:14 fuhr, war ich auf den Bus angewiesen.
Das Ticket für die 40 minütige Fahrt in die Stadt hat 70 Cent gekostet!....

Angekommen in Rezekne gleich ein Schlag wie mit einer Faust ins Gesicht!... Man steht davor, mit dem Wissen wahrscheinlich der einzigste Deutsche
womöglich
in der ganzen Region zu sein, in einem fremden Land, was sehr viel Leid über sich ergehen ließ.... Ich musste mich zusammenreißen, dennoch kullerten zwei, drei Tränen.....

Es gibt Momente, da schämt man sich in Grund und Boden ;-(
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Weiter ging es zu Fuß durch die Stadt, die noch schön den sowjetischen Charme versprüht. Bis man zum Bahnhof Rezekne I kommt und plötzlich glaubt in einer ganz anderen
Zeit gelandet zu sein!.....

Bahnhof Rezekne I, 23.08.18
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Weiter hinten befindet sich das Depot Rezekne I, wo ich unbedingt hin wollte. Den ersten mir über den Weg laufenden Mashinisten
in gebrochenen englisch und russisch vor der
Meldestelle angesprochen, ob ich hier Bilder machen dürfte. Sehr freundlich war er, auch sein Boss war freundlich zu mir.
Leider durfte ich dann doch nur über den "Zaun" fotografieren, da überall Überwachungskameras stehen und man wohl selber Angst hatte, es gibt Ärger von ganz oben....

Verständlich! Man möchte ja auch nicht, dass evtl. jemand wegen ein paar popeligen Bildern seinen Job verliert. Zu diesem Thema später im Riga Teil mehr....

2ТЭ10У-0184 & 2ТЭ10У-0224 im Depot Rezekne I, 23.08.18
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Anschließend ging es wieder vor zum Bahnhof, von wo aus mich ein Bus zum Bahnhof Rezekne II bringen sollte. 5 Minuten nach der eigentlichen Abfahrtszeit bin ich dann aber los gelaufen.
Wer weiß, wie lange ich noch warten hätte müssen...
Als ich gerade los laufen wollte, rückte gerade
eine 2ТЭ116 aus dem Depot um Ihren Zug in Rezekne II zu bespannen.

2ТЭ116-1699 in Rezekne I, 23.08.18
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Trotz einer Strecke durch die Stadt, die sich gefühlt sehr gezogen hat, schaffte ich es noch rechtzeitig nach Rezekne II
.
An der Ausfahrt Stellung bezogen und keine 5 Minuten später fuhr 2ТЭ116-1699 in Richtung Krustpils mit Dünger aus Russland aus dem Bahnhof raus.

->
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In der Bahnhofsgastätte gab es dann erstmal eine sehr leckere Soljanka und ein Pivo zur Stärkung! ;-)
Und so ganz nebenbei beim speisen kam auch ein Erdbeben laut stark durch den Bahnhof gewummert....

2ТЭ10У-0190 in Rezekne II, 23.08.18
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Nach dem Essen beobachtete ich noch etwas das Geschehen am Bahnhof, bevor mein Zug nach Ludza fuhr. Es tat sich dann kurze Zeit später auch etwas.
Eine RZD
2ТЭ116 rückte raus, nahm einen ganzen Karton voll Beförderungspapiere auf und verschwand im hinteren Teil des Bahnhofes, wo sich die Umspanngruppe für
die Transitzüge befindet.

2ТЭ116-581 in Rezekne II, 23.08.18
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Aus dem fahrenden Zug fotografiert - Umspanngruppe Rezekne II
Bild

In Ludza dann aus den Zug gesprungen, Stellung bezogen und keine 25 Minuten später gab es Spektakel vom feinsten!...

2ТЭ116-581 in Ludza, 23.08.18
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Eine halbe Stunde später kam dann aus der Gegenrichtung im besten Licht der nachmittägliche Personenzug Zilupe-Riga aus dem Bahnhof gefahren.

DR1A 210.1 in Ludza, 23.08.18
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So langsam neigte sich dann auch dieser Tag zu Ende. Bevor es allerdings zurück zum Hotel ging, versuchte ich mein Glück etwas weiter vorne auf einer Anhöhe,
in der Hoffnung es kommt im Block hinter dem Personenzug ein Güterzug aus Osten. Dem war leider nicht so. Nach einer Stunde Warterei in einem Nest voller Ameisen
kam dann im schönsten Streiflicht der Abschluss des Tages angerollt....


2ТЭ116-1230 bei Ludza, 23.08.18
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Auf dem Weg zum Hotel geschah dann was, womit ich ehrlich gesagt schon die ganzen Tage gerechnet habe.... ;-)
Es hielt vor mir in einer Bushaltestelle ein dunkelgrüner Jeep an und es stiegen zwei Grenzsoldaten aus. Ein Glück war ein jüngerer Grenzschützer dabei, der englisch sprechen konnte!
Ich gab auf verlangen meine ID Card hin und auf Nachfrage, ob sich ein russischer Mashinist sich über mein Tun an der Strecke beschwert hat, sagten Sie nein. Es ist nur eine normale
Personenkontrolle. Ich wäre durch mein militärisches Äußeres (schwarzer Bundeswehrrucksack, schwarze BW Hose) aufgefallen und wir befinden uns in der Kontrollzone keine 40km
von der russischen Grenze entfernt.
Sie wollten alles wissen! Was mache ich hier, was mache ich in Deutschland, welches Hotel, Pläne für die nächsten Tage, wann reise ich ab, Bilder zeigen von Kamera u. Handy! usw. ....

In der Zwischenzeit standen dann bereits drei Autos mit Blaulicht, 6 Uniformierte und meiner Wenigkeit an der Bushaltestelle. Alle sehr freundlich und gelassen.
Es nervte dann allerdings schon nach bereits 45 Minuten, dass ich alles der herbeigerufenen ImigrantPolice nochmals alles doppelt und dreifach erzählen musste!
Selbst die Speicherkarte mit RAW Format verschwand für 20 Minuten in Ihren Laptop. Auf bitte "not delete!" schmunzelte der Herr nur!....
Nachdem dann alles kontrolliert wurde und meine Daten im lettischen StaSi System erfasst waren, waren die beiden Grenzschützer noch sehr zuvorkommend und
fuhren mich mit Ihren Jeep zum nächsten Maxima, da ich noch Proviant für den nächsten Tag brauchte.
Die Leute vor dem Einkaufsmarkt haben vielleicht doof geschaut!.... ;-)

Am Freitag den 24.08. ging es dann sehr früh mit dem ersten Zug nach Sakstagals auf der Strecke Rezekne II - Krustpils.
Dazu dann mehr im zweiten Teil.
Ich zerpflücke zwar ungern einen Beitrag, aber das würde hier einfach den Rahmen sprengen! ;-)

Machen wir also einfach einen Sprung zum letzten Tag, wo ich mit dem Bus nach Cirma gefahren bin.
Der Tag war sehr durchwachsen. Immer wieder kam länger anhaltend eine rischtige Husche vom Himmel. Da war ich heilfroh, dass ich Schutz im Wartehäuschen fand.

Nach etwa 2 Stunden nix dann der erste Zug aus Russland.


2ТЭ116-1129 in Cirma, 25.08.18
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In der Gegenrichtung war exakt 30 Minuten später 2ТЭ116-1550 unterwegs.
->
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Etwa 5 Minuten später ging die Ausfahrt Richtung Ludza wieder auf Fahrt. Also fix vor gelaufen zur lang gezogenen Kurve. Es fing an richtig zu gallern!
Ich suchte Schutz unter einer Baumreihe, Kamera im Anschlag unter der Jacke geschützt, immer die Strecke im Blick. Nach 50! Minuten wartet habe ich abgebrochen!
Musste ich doch den letzten Personenzug nach Ludza nehmen, da ich keine Lust auf Bus fahren hatte....
Da stand die Ausfahrt eine geschlagene Stunde schon für den Personenzug!.....

Sonntag der 26.08.18 Abreise nach Riga, weiter nach Daugavpils

Um 3 Uhr klingelte der Wecker. Ich packte noch ein paar Sachen zurecht, verließ das Zimmer und ging zum Hotel Administrator um den Schlüssel abzugeben.
Der nette ältere Herr schloss sogar extra für mich das Restaurant auf und machte mir einen Kaffee! Dann ging es so langsam zum Bahnhof.

Am Bahnhof war schon viel los! Ich versuchte ein letztes mal die Stimmung in den Kasten zu bekommen, welches mir dank Ausleuchtung auch wunderbar gelang.

DR1AM 291.3 Einfahrt Ludza, 26.08.18
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->
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Nach einer mal wieder sehr entspannten Fahrt durch die weiten Lettlands errichte der Zug pünktlich auf die Sekunde Riga Pass um 08:20 Uhr.
In Riga traf ich mich dann mit meinen VK Kontakt Igor. Igor ist Rangierarbeiter bei der LDz. Den ganzen Tag war er mein Reiseführer und zeigte mir die abgelegensten Orte Rigas,
bevor es für mich gegen 17 Uhr mit dem letzten Zug nach Daugavpils ging.

Die Rangierbahnhöfe in Riga werde ich im dritten Teil zeigen. Soviel sei gesagt: Es werden auch Doppelwummen zu sehen sein und anderes interessantes. ;-)

Bis demnächst dann hier

Christoph
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