Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Die Eisenbahn außerhalb der angestammten Jagdgebiete
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Jens Naber
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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von Jens Naber » 25.10.2015 11:29

Hallo zusammen!

vielen Dank für die Rückmeldungen zu Teil 1, hat mich sehr gefreut! :wink:

Taigatrommeln kommen im dritten Teil nochmal verstärkt zum Zuge, aber auch im heutigen Teil 2 kommt eine Baureihe vor, die in Deutschland zu den Klassikern zählt und vor Personenzügen planmäßig nicht mehr zum Einsatz kommt - viel Spaß damit!

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Freitag, 28. August 2015

Wie bereits im ersten Teil angekündigt, stand nun ein Ortswechsel an, genauer gesagt sollte es an den Balaton gehen. Gut verbinden wollten wir es mit den lokbespannten Bäderzügen von Celldömölk gen Tapolca und weiter nach Keszthely, die früh morgens attraktive Verbindungen für die zahlreichen Tagesausflügler an den Balaton bieten und sowieso auf dem Weg lagen.

Wie schon am Vortag wurde die Abfahrt somit wieder auf 06:20 Uhr gelegt, dieses Mal standen aber 90 Minuten Fahrtzeit über teils miserable ungarische Landstraßen auf dem Programm. :roll:
Das ständige Geschaukel geht einem auf Dauer dann doch etwas auf die Nerven, wenn man deutsche Straßenverhältnisse gewöhnt ist, sodass wir froh waren, als wir endlich in Zalagyömöro ankamen. Ihr merkt, wir steigern uns bezüglich der Länge der Ortsnamen weiter, in Teil 3 kommt dann der Höhepunkt in dieser Sache. :mrgreen:

Nach kurzer Wartezeit dröhnte es auch schon in der Ferne und kurz darauf kam die altmotorisierte 418 164 mit dem E 18807 um die Kurve gefahren - wie ein Großteil der lokbespannten Züge auf dieser Strecke mit Schlierenwagen:

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Diesem Zug folgt in dichtem Abstand der D 19607, weshalb wir uns sputen mussten, um rechtzeitig nach Usza zu kommen, denn dort hatten wir beim Vorbeifahren ein nettes Fleckchen entdeckt. 418 140 hat die nächste Fuhre Ausflügler gen Balaton am Haken:

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Zu den schönen Bahnhöfen an der Strecke zählt sicherlich auch der von Sümeg, der nun passend im Licht lag. Nach kurzem Erkunden kamen wir zu dem Entschluss, dass man den Zug hier auch problemlos zwei Mal fotografieren kann, wenn man die Beine ein wenig in die Hand nimmt. Daher der D 19809 zunächst bei der Einfahrt, wobei wir eigentlich auf eine altmotorisierte Vertreterin gehofft hatten, denn diese Loks neigen beim Losfahren zu teils spektakulären Qualmwolken - mit 418 308 fand sich nun aber leider eine modernisierte Version ein:

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Eine Minute später hat 418 308 leichtes Spiel, ihre zwei Wägelchen wieder zu beschleunigen, während rechts zeitgleich zwei Brotbüchsen als Regio gen Ukk den Bahnhof verlassen:

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Immer noch in Sümeg standen wir, als eine halbe Stunde der R 9617 nach Keszthely in Form von 117 296 samt Beiwagen in den Bahnhof rollte:

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Der nächste Zug gen Balaton verkehrt in den Sommermonaten planmäßig mit 232 und hier ist die Chance auf eine Vertreterin mit alten Lüftern ziemlich hoch. Martin entschied sich daher, mit dem Zug mitzufahren, während Markus und Ich beim Fotografieren blieben, denn zumindest ich hatte zuvor genau eine (!) Ludmilla-Aufnahme in meinem Archiv. Ja, es ist tatsächlich kein Schreibfehler, Nordbaden ist leider nicht gerade das bevorzugte Einsatzgebiet der Maschinen in Deutschland. :nixweiss:

So hatte ich meine Anzahl an 232-Aufnahmen bei Kalicsmajor schon verdoppelt :mrgreen: , als 651 002 [ex. 232 543] mit dem D 18907 an uns vorbei heulte, aufgenommen bei Kalicsmajor:

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Da die Züge, um nach Tapolca zu kommen, eine große Schleife fahren müssen, kann man – trotz des hohen Tempos auf der Strecke – hinterher fahren und den Zug mehrfach fotografieren. Bei Balatonederics mussten wir also dank freier Straßen tatsächlich noch ein bisschen warten, bis die Ludmilla wieder angefahren kam:

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Wir wollten nun eigentlich ganz gemütlich zum nächsten Halt dieser Leistung fahren, um Martin wieder aufzusammeln, als dieser plötzlich meldete, dass ein Gegenzug deutlich verspätet sei und der Zug rund 10 Minuten in Balatonederics auf Kreuzung warten muss. So mussten wir in höchster Eile nochmal einen Standpunkt auftreiben und wurden kurz hinter Balatonederics an einem Bahnübergang – getreu dem Motto der Tour „an einem BÜ in Ungarn geht immer was!“ – fündig:

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Damit hatte ich meine Anzahl an Ludmilla-Bildern binnen 25 Minuten vervierfacht :D und die lokbespannten Züge hatten wir auf dieser Strecke auch alle abgearbeitet – wir beschlossen: Ein Vormittag nach Maß! :jubel:

Wir wollten im Anschluss an die Norduferstrecke wechseln und die Fahrt nach Balatonkarattya hat sich da dann für meine Begriffe echt gezogen. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich nicht zwischendurch mal eingeschlafen bin, auf alle Fälle machte sich bei mir das frühe Aufstehen bemerkbar und da wir die Autobahn nutzten, konnte mich nicht mal das allgegenwärtige Geschaukel auf den ungarischen Landstraßen wach halten... ;)

Irgendwann kamen wir allerdings am Motiv an und warteten dort auf den E 19705 nach Budapest-Déli, der mit 418 326 ein „klein wenig“ hinter dem errechneten Zeitfenster angefahren kam:

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Ich weiß auch nicht mehr, was ich da daheim ausgerechnet hatte :shock: , denn letztendlich hatte ich den Zug 30 Minuten früher auf der Planung notiert, was bei nochmaligen Betrachten der Fahrtzeiten völliger Humbug war. Aber egal, das Bild war im Kasten.

Eigentlich war nun ein Bild von einem Anglersteg aus dem Balaton bei Balatonfüzfö geplant, allerdings mussten wir bei der Ankunft leider feststellen, dass dieser mittlerweile gesperrt war und ein Erreichen des Fotostandpunkts ohne Schwimmen nicht möglich gewesen wäre. Das musste dann trotz der mittlerweile warmen Temperaturen nicht sein, weshalb wir für den D 16906 ein Ersatzmotiv aufsuchen mussten. Auch hier wurden wir getreu unseres Tourmottos wieder an einem Bahnübergang fündig, genauer gesagt kurz hinter dem Bahnhof von Balataonfüzfö. Bespannt war der verspätete Schnellzug zu unserer Freude mit der top gepflegten 418 156.

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Aufgrund der Verspätung dieses Zuges war nun für den Gegenzug Eile geboten und da die Zeit gewaltig drückte, musste letztendlich eine Notstelle in Alsóörs herhalten, der E 19704 nach Tapolca war schon im Anmarsch, als wir ankamen:

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Im Gegensatz zu eingleisigen Strecken in Deutschland, die vielerorts völlig planlos zurückgebaut wurden, fällt hier auf, dass eine Verspätung eines Zuges nicht automatisch einen Rattenschwanz an Folgeverspätungen bei den Gegenzügen auslöst. Der Zug der 418 156 war fast 20 Minuten hinter dem Plan, während der E 19704 auf die Minute pünktlich unterwegs war. Das zeigt deutlich, welchen Vorteil es hat, wenn Möglichkeiten der Kreuzung auch in Bahnhöfen beibehalten werden, in denen der reguläre Fahrplan eigentlich keine solche vorsieht. Aber das sieht man bei uns scheinbar anders... :|

Zwischenzeitlich hatte die Sonne in Balatonkarattya jedenfalls so weit gedreht, dass Fotos in die andere Richtung möglich waren. Vor dem lokbespannten Schnellzug nach Tapolca stand noch der E 19716 nach Balatonfüred auf dem Plan, welcher zu den Aufgaben der ungarischen Desiros zählt. Gleich drei Vetreter nahmen um 16:15 Uhr Kurs auf den Balaton, damit hatten wir zumindest auch mal ein modernes Fahrzeug der MÁV fotografiert:

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15 Minuten später dann auch der E 19706 mit 418 308 am Tunnelportal, das weiter oben noch als Standpunkt diente:

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Und zum Abschluss des Tages gab es dann noch den Balatonblick bei Örvenyes mit dem E 19701 nach Budapest:

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Bis zum Gegenzug hielt das Licht leider nicht mehr, sodass wir im Anschluss in unser gebuchtes Hotel in Balatonfüred fahren konnte, einem typischen Touristenhotel, in dem wir wohl die einzigen Gäste waren, die nur eine Nacht gebucht hatten. Zum abendlichen Buffet kamen wir noch rechtzeitig, sodass der Tag auch kulinarisch einen guten Abschluss fand.

Auch den nächsten Tag wollten wir noch am Balaton verbringen, denn immer am Wochenende kommen mit den dann teils sehr langen Schnellzügen zwei „besondere“ Baureihen, die ansonsten im Personenverkehr nicht mehr regelmäßig eingesetzt werden, auf der Norduferstrecke zum Einsatz – davon dann aber mehr im sehr umfangreichen Teil 3, demnächst hier.

Viele Grüße, Jens
:wink:

John Henry
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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von John Henry » 25.10.2015 19:03

Hallo Jens, ganz große Klasse, danke dafür. Gruß jhd
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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von Lok-Kutscher-HSR » 26.10.2015 02:17

Begeisterung pur! :yup:

Die Motivwahl und die Umsetzung sind in jedem Bild der Knaller!

Auch hast du richtig Glück mit dem Wetter gehabt. Das hätte freilich auch nach hinten los gehen können.... :mrgreen:

Viele Grüße

Christoph
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Jens Naber
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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von Jens Naber » 01.11.2015 18:08

Hallo zusammen!

auch hier wieder vielen Dank für Eure Rückmeldungen! Stimmt, mit dem Wetter hatten wir unfassbares Glück, was auch noch ein Grinsen ins Gesicht bringt, wenn man sich an den Urlaub erinnert.

Es folgt mit der Nummer 3 nun der letzte und längste Teil dieses Reiseberichts, denn der Samstag war der ergiebigste Tag – nochmal viel Spaß damit!

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Samstag, 29. August 2015:

Wir hatten das Hotel in Balatonfüred aus strategischen Gründen gewählt, denn im direkten Nachbarort gibt es zwei Stellen, die nur ganz früh morgens im Licht liegen und morgens zählt schließlich jede Minute Schlaf. :gaehn:

Letztendlich losfahren mussten wir um 06:30 Uhr und erreichten wenige Minuten später unsere Stelle in Csopak. Nach ein wenig „Vegetationspflege“ und keine fünf Minuten nachdem die Sonne das Motiv ausgeleuchtet hatte, dröhnte es schon in der Ferne. Mit dem langen D 979 nach Budapest-Déli hatte 418 324 ordentlich zu kämpfen und beendete damit sicherlich den Schlaf einiger Anwohner, als sie in Csopak dem Sonnenaufgang entgegen fuhr:

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Nur zwanzig Minuten später folgt planmäßig der Regio aus Balatonfüred, bei dem wir eigentlich schon einen Desiro befürchtet hatten und dann dementsprechend ziemlich erfreut waren, als drei Brotbüchsen – führend 117 290 – als R 19729 nach Szekesfehervar an einem Bahnwärterhaus zwischen Balatonfüred und Csopak vorbei rumpelten:

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Damit waren die beiden Programmpunkte für den frühen Morgen schon mal abgearbeitet und wir konnten zurück ins Hotel fahren, um dort das Frühstücksbuffet noch mitzunehmen. :kaffee:

Frisch gestärkt und nach dem Check-out ging es wieder an die Strecke, genauer gesagt an den kleinen Haltepunkt von Fövenyes, den 418 313 mit dem E 19797 aus Tapolca pünktlich verlässt:

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Eines unserer Wunschmotive liegt in Ábrahámhegy und dafür bot sich der nächste Schnellzug aus Tapolca an. Für meine Begriffe begegnete uns dort dann auch eine der schönsten Kombinationen dieser Tour, denn an der Spitze einer sauberen Garnitur Schlierenwagen hing die top im Lack stehende 418 156, die wir vom Vortag noch kannten. :jubel: Lok und Wagen bildeten den D 19607 nach Budapest-Déli:

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Für den diesem Zug entgegenkommenden E 19700 bot sich ein Bahnübergang bei Szepezdfürdő an, wo wir den Zug mit 418 328 abwarteten:

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Mit dem nun folgenden D 1972 kündigte sich im Anschluss das erste Highlight des Tages an. Am Wochenende bespannt die MÁV diesen Zug planmäßig mit einer Taigatrommel, sodass diese Leistung natürlich ein dicker Punkt auf unserer Liste war. Der Zug hing ganz gut hinter dem Fahrplan hinterher, sodass natürlich ausgerechnet zur Durchfahrt eine große Gruppe Touristen auf dem Weg zum Strand den Feldweg bereicherten :roll: - vor Ort haben wir uns über deren Auftauchen ziemlich geärgert, mittlerweile habe ich mich allerdings damit ganz gut angefreundet, es ist eben eine Urlaubsregion. Ungeachtet dessen wummerte 628 165 mit ihrem Schnellzug an uns vorbei:

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Wir wollten hier eine Verfolgung probieren, was bei diesem Zug allerdings nicht ganz einfach ist, denn ausgerechnet diese Leistung bedient nur einen Bruchteil der Bahnhöfe im Vergleich zu den meisten anderen Züge auf der Strecke. Die Verspätung machte das alles nicht besser, denn damit fiel natürlich auch potentielle Standzeit weg. In Badacsonytomaj hatten wir den Zug allerdings wieder eingeholt und in der Ausfahrt zeigte der Lokführer eindrucksvoll, was man aus der Lok rausholen kann. Unter anhaltendem Tuten räucherte die Trommel das Bahnhofsumfeld ordentlich ein – ein erlebenswertes Spektakel :yup: :

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Nach dem Foto musste man sich in Sicherheit bringen, um nicht völlig eingenebelt zu werden...

Trotz der auch akustisch sehr beeindruckenden Ausfahrt galt es im Anschluss keine Zeit zu verlieren, denn mit dem nächsten D-Zug aus Budapest-Déli findet planmäßig der zweite Sonderling den Weg an den Balaton, denn für die Bespannung des D 19792 ist eine der verbliebenen Nohabs zuständig. In unserem Fall durfte M 61 017 einen Ausflug an den Plattensee unternehmen, die wir das erste Mal in Csopak fotografieren konnten:

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Die Verfolgung dieses Zuges gestaltete sich dann etwas stressfreier und in Zanka-Köveskal hatten genügend Vorsprung für ein zweites Fotos rausgefahren:

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Nach den beiden Highlights fast schon langweilig wirkte auf uns der nächste Zug gen Budapest, der nun wieder ganz normal mit einer 418 bespannt war, wobei das ohne Zweifel auch tolle Loks sind. Die Durchfahrt des D 1975 mit 418 211 nahmen wir in Badacsonyörs auf:

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Den Gegenzug gab es anschließend an einem vormittags entdeckten Motiv in Ábrahámhegy, für den D 1974 war 418 324 zuständig:

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Nun stand schon die Rückfahrt der Nohab an, die lichttechnisch leider sehr ungünstig fährt und quasi die komplette Strecke am Balaton im heftigen Gegenlicht zurücklegt. Eine der wenigen Möglichkeiten für diesen Zug ist die Ausfahrt aus dem Startbahnhof Tapolca, den wir daher auch aufsuchten. Zunächst aber der R 9624 nach Ukk, während die Nohab im Hintergrund gerade für die fast 4-stündige Fahrt nach Budapest vorbereitet wird:

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10 Minuten später gab es dann ordentlich was auf die Ohren, als der D 19793 aus dem Bahnhof beschleunigte:

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Beim Gegenzug, dem D 16907 handelt es sich um einen echten Langläufer, der früh morgens an der ukrainischen Grenze in Zahony gestartet war und mit 418 156 gegen 15:00 Uhr seinen Zielbahnhof Tapolca fast erreicht hat:

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Wie bereits angekündigt, kommt in diesem Teil die Krönung bei den nicht aussprechbaren Ortsnamen. :mrgreen: Den E 19703 nach Budapest-Déli nahmen wir im Bahnhof der kleinen Ortschaft Badacsonytördemic-Szigliget mit. Hier ist „Copy & Paste“ wirklich eine tolle Erfindung, denn so einen Ort schreibt man nur einmal :D . Auf alle Fälle kam mit diesem Zug die top gepflegte 418 156 schon wieder aus Tapolca zurück, ganz zu unserer Freude:

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Den Gegenzug mit 418 313 nahmen wir im Anschluss noch bei Badacsony mit:

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(eine störende Leitung wurde entfernt)

Mit dem nächsten Zug aus Tapolca stand nun wieder die Taigatrommel auf dem Zettel, für die wir zurück ins schöne Badacsonytördemic-Szigliget (erneut danke an Copy + Paste) fuhren. Hier merkten wir dann deutlich, dass auch dieser Zug lichttechnisch nur wenige Stellen zulässt, denn je näher die Zeit rückte, desto voller wurde es am Fotostandpunkt und vor allem bei den osteuropäischen Kollegen scheint die Lok eine große Begeisterung auszulösen.

Von den Unterhaltungen haben wir zwar kein Wort verstanden, aber gefühlt jedes zweite Wort war „Szergej“ und als die Trommel dann in der Ferne auftauchte, kannte die Euphorie bei den Herren keine Grenzen mehr. Die Vorbeifahrt von 628 165 wurde letztendlich in Bäumen und Masten hängend, von Leitern oder auf Zäunen balancierend auf die Kamerachips gebrannt:

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Wir hefteten uns an den Zug und als wir bei Szepezdfürdő wenige Sekunden Vorsprung rausgefahren hatten, hielten wir einfach mal kurz am Straßenrand für ein weiteres Bild an. Keinesfalls ein fotografierenswertes Motiv, aber die Lok gleicht so manche Motivlosigkeit aus, finde ich:

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In Zanka-Köveskal kreuzt die Taigatrommel planmäßig mit dem entgegenkommenden E 19706, den 418 332 lautstark wieder auf Touren brachte:

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Und auch beim Balatonblick in Örvényes war es nochmals eine Punktlandung, keine 10 Sekunden vor dem Zug waren wir da! Um 17:45 zog 628 165 ihren D 1973 nach Budapest-Déli ein letztes Mal an uns vorbei:

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Schon beim Warten auf den obigen Schnellzug an der ersten Fotostelle fielen uns ein paar Tschechen auf, die zahlreiche Telefonate führten, in denen auch ständig das Wort „Szergej“ fiel. Zunächst konnten wir uns keinen Reim darauf machen, denn es war ja klar, dass die 165 aus Tapolca zurückkommen wird, wozu also dann die dauernden Anrufe?! Aber an der nächsten Fotostelle – ebenfalls in Örvényes – klärte uns ein österreichischer Kollege auf. Beim nun anstehenden D-Zug nach Tapolca gab es wohl Probleme mit der vorgesehenen 418, sodass man sich in Budapest entschloss, auch diesem Zug eine Taigatrommel mitzugeben – alles andere als planmäßig also! Als der Zug dann zu sehen war, konnten wir unser Glück kaum fassen, denn die uuuunglaublich saubere und glänzende 628 271 war im Einsatz vor einer ebenfalls sauberen Garnitur Schlierenwagen – und das alles im schönen Abendlicht :jubel: :jubel: :

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Das sind so die Momente im Hobby, die für viele Fehlschläge entschädigen und einem wieder bewusst machen, warum man sich so manche Strapazen antut. :jubel:

Da rückte der nun noch anstehende Schnellzug in die Gegenrichtung völlig in den Hintergrund, mitgenommen haben wir ihn bei Balatonudvari allerdings im letzten Licht trotzdem noch, bespannt mit der letzten 418 dieses Urlaubs:

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Damit war der fotografische Teil des Tages abgeschlossen und wir gönnten uns ein ordentliches Abendessen in einem Restaurant in Örvényes, bei dem uns nicht mal mehr eine zweistündige Wartezeit auf das Essen aus der Ruhe bringen konnte – wir waren einfach nur zufrieden!

Im Anschluss mussten wir noch den Mietwagen am Budapester Flughafen abgeben und nahmen uns von dort ein Taxi ins Hotel, wo wir ziemlich bald ins Bett fielen, denn zwischenzeitlich war es schon deutlich nach Mitternacht – die Fahrt vom Balaton an den Flughafen hat ordentlich Zeit in Anspruch genommen.

Bis hierhin war der Urlaub so gut gelaufen, wie wir es uns nie hätten erträumt, eigentlich sollte man hier also einen Punkt machen und die ganze Sache abschließen – aber leider stand am nächsten Tag noch die Abreise an. Ich muss es einfach schildern, denn es lief so ziemlich alles schief, was schief laufen kann – Bilder kommen jetzt keine mehr, nur noch Text.

Sonntag, 30. August 2015:

Es fing schon damit an, dass wir beim Check-In abends darum gebeten hatten, ein Taxi auf 07:30 Uhr zu bestellen, das uns zum Bahnhof Budapest-Ferencváros bringen sollte, denn ab dort wollten wir mit dem EC 142 nach Wien fahren. Dummerweise konnte sich am nächsten Morgen niemand mehr an unseren Wunsch erinnern, sodass wir um 07:30 Uhr ohne Taxi dastanden. :shock: Man versicherte uns aber, dass man sich umgehend darum kümmern und schnellstmöglich eines organisieren würde.

Dieses tauchte dann um 07:45 Uhr auch tatsächlich auf, mittlerweile hatten wir noch 5 Minuten Zeitreserve. Während bei beiden Taxifahrten zuvor in diesem Urlaub stets ein Hobbyrennfahrer am Werk war, hatten wir nun, wo es wirklich eilte, einen Rentner Generation 70+ erwischt, der die Ruhe weg hatte. :| Leider wusste er / verstand er auch nicht, wo sich der Bahnhof Budapest-Ferencváros befindet, denn als er uns mitteilte „here Ferencváros“, standen wir vor keinem Bahnhof. Mit Hilfe der Taxizentrale, die er zwischenzeitlich telefonisch kontaktierte, konnten wir ihn letztendlich doch noch zum Bahnhof lotsen, den wir um 08:12 Uhr erreichten – Planabfahrt unseres Zuges: 08:10 Uhr – Unsere Nerven? Am Ende. :!: :!:

Doch hier hatten wir das einzige Mal auf der Rückreise Glück, denn der EuroCity hatte fünf Minuten Verspätung und war damit noch nicht abgefahren. Im Einsatz waren PKP-Wagen, in denen wir in einem bequemen Abteil erst mal wieder zur Ruhe kommen konnten. Es lief dann auch ganz gut bis zum ungarischen Grenzbahnhof Hegyeshalom, in dem noch der eine Stunde vorausfahrende RailJet stand, Menschen auf den Bahnsteigen, Ansagen Fehlanzeige. In den Tagen des Urlaubs war die massive Verschärfung der Flüchtlingslage leider völlig an uns vorbeigegangen, sodass wir nur mutmaßen konnten, woran es hier hing.

Irgendwann durfte dann der Railjet den Bahnhof verlassen und auch wir setzten uns mit guten 40 Minuten Verspätung wieder in Bewegung Richtung Österreich, womit mein Anschluss in Wien West unerreichbar war. Markus und Martin verließen den Zug in Wien Hbf, während ich mir eine alternative Route zusammenbastelte, die genau das vorsah, was ich eigentlich durch die Nutzung des EC 112 ab Salzburg umgehen wollte: Vier Stunden Railjet bis München. Na super, ich finde diesen Zug fürchterlich, da in meinen Augen viel zu eng und äußerst unbequem, aber da half alles nichts, da musste ich jetzt durch. :roll:

Als ich gegen 12:00 Uhr den Bahnsteig in Wien West betrat, ahnte ich schon nichts Gutes, denn der Bahnsteig bestand aus einem Meer von Flüchtlingen, die alle Richtung „Germany“ wollten. Pünktlich um 12:15 Uhr rollten zwei Railjet-Garnituren als RJ 62 nach München an den Bahnsteig und wurden gestürmt, wie ich es nur selten bei einem Fernverkehrszug erlebt hatte. Planabfahrt des Zuges wäre um 12:30 Uhr gewesen, um 12:40 kam zunächst die Aufforderung, dass Reisende, die nicht nach München wollen, den Zug bitte verlassen und auf alternative Möglichkeiten ausweichen sollen. Weitere 15 Minuten später folgte die Information, dass der Zug wegen Überfüllung geräumt werden muss. Das war so der Moment, in dem ich mir erste Gedanken machte, ob ich es mit der Bahn an diesem Tag überhaupt noch nach Hause schaffen würde. :gruebel:

Letztendlich gingen sowohl der Zoll als auch die Polizei durch den Zug und beförderten einen Großteil der Flüchtlinge wieder aus selbigem, ich selbst durfte sitzen bleiben – eine ziemlich merkwürdige Situation, die ich nicht unbedingt nochmal erleben muss. Nichtsdestotrotz konnte ich wieder Hoffnung schöpfen, dass sich hier doch noch was bewegen könnte. Dem war dann auch so, denn mit einer Stunde Verspätung setzten sich die zwei Garnituren in Bewegung, wobei ich meine zuvor zusammenbastelte Verbindung natürlich wieder vergessen konnte, denn der anvisierte Anschluss in München war bis zu meiner voraussichtlichen Ankunft längst über alle Berge.

Als dann noch der Zugbegleiter (und ich habe extra gewartet, bis das ÖBB-Personal durch DB-Personal ausgewechselt wurde!) meinte, dass er mein DB - IC/EC-Ungarn-Spezial für einen ICE nach Mannheim nicht freigeben werde, weil es ja auch mit dem IC Alternativen gen Heimat geben würde, bekam ich echt einen Hals. :motz: Auch mein mehrmaliges Hinweisen auf die Tatsache, dass ich schon fast drei Stunden hinter meiner ursprünglichen Reiseroute hing und das Nutzen der nächsten IC-Verbindung das Ganze um eine weitere Stunde verzögern würde, ließ ihn nicht von seiner Meinung abkommen – ich verstand die Welt nicht mehr. :motz: :motz:

Da er mir leider auch nicht die Verspätung des RailJets bestätigte, wollte ich es dann doch nicht riskieren ohne Nachweis in den nächsten ICE zu springen, sodass ich in München zunächst noch zum ServicePoint rennen musste. Die Dame dort war dann deutlich hilfsbereiter, bescheinigte mir die Verspätung umgehend und verwies mich auf den letzten Drücker noch in den ICE 512 gen Mannheim. Der Rest der Fahrt verlief dann unspektakulär und ist hier keine Beschreibung mehr wert, aber als ich abends nach in Summe 15 Stunden Fahrtzeit zu Hause ankam, war ich ziemlich erledigt und entsprechend schnell im Bett – denn immerhin rief am nächsten Tag die Arbeit wieder.

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Fazit des Urlaubs:

Ungarn ist ein tolles Land mit einer Eisenbahn, die man hierzulande so nicht mehr findet. Vieles ist noch ursprünglich, wobei uns aufgefallen ist, dass das eingesetzte Rollmaterial trotz des hohen Alters äußerlich auffallend gut gepflegt war. Die MÁV hat uns sicherlich nicht das letzte Mal gesehen – dann hoffentlich auch mit einer stressfreien Rückfahrt, über die ich im Nachhinein dann doch schmunzeln kann, weil einfach alles schief gelaufen ist, was schief laufen kann – und immerhin gab es im Nachhinein dann auch noch Geld zurück ;)

Man wird sich fragen, warum wir uns das mit dem Zug bei der aus den Medien weithin bekannten Lage überhaupt angetan haben, allerdings war diese zum Buchungszeitpunkt noch wesentlich entspannter und selbst am Anreisetag noch nicht so verschärft, wie wir es dann erlebt haben. Aber gut, im Nachhinein gesehen, hätte es noch wesentlich chaotischer enden können.

Vielen Dank an alle, die bis hier her durchgehalten haben, ich hoffe, dass ich den Urlaub, in dem wir wirklich unverschämtes Glück mit dem Wetter hatten, etwas näherbringen konnte und die Bilder soweit gefallen haben.

Zum Abschluss geht noch ein dickes Dankeschön an Martin und Markus, die alles Organisatorische (Hotels, Fahrkarte, Mietwagen,...) im Vorfeld erledigt hatten!

Viele Grüße aus Nordbaden

Jens :wink:

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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von Jens Gießler » 01.11.2015 19:26

Scheen!! :wink:
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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von Sven » 04.11.2015 07:15

Ganz großes Kino! :yup: :yup: :yup:
Vielen Dank für den Bericht, auch und gerade die Texte rund um die Begleiterscheinungen sind sehr interessant. :yup:

Viele Grüße
Sven :kaffee: :wink:
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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von John Henry » 07.11.2015 15:16

Schön, da habt ihr echt was erlebt und geniale Bilder gemacht. Gruß jhd
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Henning
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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von Henning » 07.11.2015 15:59

Ich bin von den Berichten wirklich begeistert :yup: Sehr schicke Bilder :jubel:
Gruß
Henning

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Re: Dieselwummern im Land der MÁV - Ungarn 2015

Beitrag von Andreas Hackenjos » 22.11.2015 13:12

Hallo,

schöner Beitrag. Jetzt habe ich wenigstens bisschen mitbekommen was ich verpasst habe.
Ich sehe da noch Ludi Defizite :rofl:

Grüße Andreas
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Stinkt und macht en hufe Krach, 218 des isch halt ne Sach

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